Warum authentisch sein keine Frage der Kommunikation sein sollte

Frau beugt sich nach vorne

„Seid authentisch.“ Bei dieser Aussage bekomme ich immer wieder Puls. 

Warum? Weil ich glaube, dass etwas falsch läuft, wenn man jemanden auffordern muss, echt zu sein. Der Tweet von Carmen Koch in meiner Timeline hat mich zum nachdenken gebracht.

Tweet Carmen Koch

Besonders das Zitat von Sarah Stiefel (@cieletta) fand ich bemerkenswert, da sie auf etwas hinweist, was ich für Selbstverständlich und für das Normalste der Welt halte. Und dennoch stellt gerade das natürliche Verhalten eine echte Schwierigkeit in vielen Unternehmen dar. Und ich frage mich warum? Denn es werden gleichzeitig Organisationen dafür gefeiert, dass sie locker kommunizieren, ohne steif zu sein, und zwar so, dass ihre Zielgruppe sie versteht. Verrückt, oder?

Authentizität wird bewundert

True Fruits ist da das beste Beispiel. Ein Blick auf ihre Facebook-Seite zeigt, dass da ein Team ist, dass sich so verhält, wie es ist und die Kunden gehen drauf ein.

Und ich denke mir: Das könnt ihr doch auch! Was hindert euch denn? Stattdessen wird zu verschiedenen Konferenzen gepilgert, um sich an Best-Practice-Beispielen zeigen zu lassen, wie es geht. Dabei kann das jeder selbst. Man muss es nur machen. Aber ist es wirklich so einfach? Ich glaube, ja. Die Voraussetzung dafür ist Vertrauen in die Mitarbeiter, Guidelines, die ihnen Orientierung bieten und Freiraum für ihre Tätigkeit. Gerade in Bezug auf Social-Media-Guidelines möchte ich auf den Artikel „Social Media Guideslines: Nie waren sie wichtiger als heute“ vom Upload-Magazin verweisen, den ich für sehr lesenswert halte und ihn darum empfehle.

Wording bietet Orientierung

Wer mein Blog verfolgt, der weiß, dass ich sehr von der Arbeit der Westfalen Group und dem Westfalen Blog angetan bin. Besonders beeindruckt mich, dass die Mitarbeiter eine Social-Media-Schulung erhalten, in der sie lernen, wie Facebook, Twitter & Co. funktionieren. Danach dürfen sie selbstständig die Kanäle steuern. Das einzige, das sie beachten müssen, ist, dass es ein gewisses Wording gibt. Statt Westfalen AG möchten man gemeinsam von der Westfalen Group sprechen. Das ist legitim und hat nichts damit zu tun, Mitarbeitern zu sagen, wie sie sich verhalten sollen.

Authentizität bedeutet, sich nicht zu verstellen

Eine Organisation, die bekannt dafür ist, einen anderen Ton anzuschlagen als man ihn bei dieser Institution erwartet, ist die Polizei Frankfurt. Da werden auf Twitter Emojis genutzt, um auf Situationen aufmerksam zu machen.

Es wird auch mal Jugendsprache verwendet oder ein Verweis auf Batman gegeben.

Dabei steht eine Sache immer im Vordergrund: Die Seriosität der Institution Polizei darf nicht leiden. Wenn es zu flapsig wird, dann wird die Bevölkerung in Notsituationen nicht reagieren und der Appell der Polizei verhallen. Ergo braucht es Mut etwas zu tun, was einer konservativen Führung vielleicht nicht behagt, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu erreichen. Aber dafür braucht es Fingerspitzengefühl und das Vertrauen in die Mitarbeiter, die viel näher an der Community sitzen als so manche Führungskraft. Denn hinter den Accounts den Accounts sitzen Menschen mit Herz, Hirn und Humor. Oder wie André Karsten twittert:

Konkret sagte er auf die Frage nach der Authentizität bei der Polizei:

Für uns als Frankfurter Polizei ist es wichtig, die selbe Sprache zu sprechen, die Frankfurt spricht. Ein gesunder Mix aus Professionalität, Nähe und hessischer / Frankfurter Herzlichkeit. Wir sehen uns als Teil der Stadt. Und wir stehen zu dem, was wir tun und sagen. Das ist für uns Authentizität. – André Karsten

Und ich bin davon überzeugt, dass sich in jedem Unternehmen eine solche Kombination finden lässt.

Jetzt ist die Frage, ob denn jedes Unternehmen witzig unterwegs sein muss. Nein, muss es nicht. Aber es muss auch nicht in einem Ton kommunizieren, der leidenschaftslos und langweilig ist oder wenig Bezug auf die Community nimmt.

Eine Rechtsanwaltkanzlei kann beispielsweise unterhaltsam schreiben bzw. sich auch in Videos entsprechend präsentieren.

Der Anwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke macht es vor. Christian Solmecke ist Medienrechtsanwalt und das Gesicht der Firma in den sozialen Netzwerken. Er hält viele Vorträge, und ich selbst habe ihn bereits mehrfach gehört und auch eingeladen, als ich noch zwei Social-Media-Stammtische in Düsseldorf und Essen leitete.

So wie er sich in seinen Vorträgen und Videos präsentiert ist er auch im echten Leben. Sehr locker in der Formulierung, keine hochkomplizierten Begrifflichkeiten, die er aufgrund seines juristischen Wissens sicherlich beherrscht. Ein Typ zum Anfassen. Das gleiche gilt für Dr. Thomas Schwenke, Medienrechtsanwalt aus Berlin. Trocken, humorlos und langweilig ist anders, wenn er Themen wie die Kennzeichnung von Werbung im Netz oder die neuesten Datenschutzverordnungen näherbringt.

Fazit: Echt sein heißt mit Freude und Spaß an der Sache zu kommunizieren!

Ich bin überzeugt, dass viele Themen in einer Art und Weise kommuniziert werden können, die mitreißt. Wer im wahren Leben sehr seriös ist, sollte dies natürlich auch in der Online-Kommunikation sein und für die Bedarfsgruppe damit den richtigen Ton treffen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass ein Unternehmen nicht versucht, etwas zu sein, was es nicht ist. Jeder, der mein Blog liest, wird mich auch im echten Leben erkennen.

Es wäre schön, wenn wir andere nicht mehr dafür feiern, dass sie machen, was sie ausmacht, sondern es selbst umsetzen. Echt zu sein bedeutet, man selbst zu sein.

Kommentare
(7)

  1. Pingback: Wie Hotels User Generated Content auf Social Media für sich nutzen können I bloggerabc

  2. Sabine Degenhardt

    Liebe Daniela,
    vielen Dank für deinen tollen Artikel zum Thema Authentizität! Da ich deinen Podcast und deine Instagram-Stories verfolge, kenne ich deine Stimme und deine Art zu sprechen. So höre ich beim Lesen deiner Artikel deine Stimme in meinem Ohr und ich muss sagen, du schreibst sehr authentisch und mit Wiedererkennungswert. Das finde ich klasse 🙂
    Ich bin da noch am Üben, denn wie du sagst: es gehört immer ein wenig nackig machen dazu. Ich bin privat ein eher zurückhaltender Mensch und das nackig machen fällt mir nicht so leicht. Daher lote ich noch das für mich richtige Maß an Offenheit aus, welches sich für mich richtig anfühlt 😉
    Viele Grüße
    Sabine

    antworten
    1. Daniela Sprung

      Liebe Sabine,
      vielen Dank für deine lieben Worte! Es freut mich sehr, dass du mich im Ohr hast und beim Lesen einen Wiedererkennungswert hast – dann habe ich alles richtig gemacht. 🙂 Mir ist es sehr wichtig, zu zeigen wer und wie ich bin. Künstlich gibt es bei mir nicht.
      Ich finde deinen Weg, für dich selbst das richtige Maß an Offenheit herauszufinden, richtig. Wir sind alle unterschiedlich. Die einen offensiver, die anderen weniger. Wichtig ist nur, dass zu machen, was sich für einen gut anfühlt und wenn dabei die Komfortzone ein bisschen gedehnt wird, dann ist das vielleicht ein kleiner Schritt für die nächste Erfahrungen.

      Viele Grüße
      Daniela

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  3. Wolfgang J.

    Du hast vollkommen Recht. Die Frage ist nur, ob man mit angezogener Handbremse fahren muss oder nicht. Manche Unternehmen schränken einen so weit ein, dass nur mehr bürokratische Kommunikation überbleibt. Authentizität verlangt klare Positionierungen.

    antworten
    1. Daniela Sprung

      Hallo Wolfgang,
      entschuldige meine späte Antwort, dein Kommentar ist mir untergegangen. Ich sehe das wie du und habe es im Behördenkontext auch bereits erlebt. Einen Anschein zu geben, nur um ein Image zu wahren (von dem noch zu prüfen ist, ob es überhaupt glaubwürdig ist) halte ich auch für falsch. Die Kunden, Partner und Mitarbeiter kennen das Unternehmen und wissen es einzuschätzen, was sie dann auch nach außen tragen. Authentizität heißt halt auch sich nackig zu machen und ehrlich zu sein. Das gilt auch für die Kommunikation.

      Viele Grüße Daniela

      antworten
  4. Nathalie Hammes

    Hallo Daniela,
    danke, dass du dieses Thema aufgenommen hast. Ich finde, du hast vollkommen recht und zu dem Tweet; Jede Kommunikation ist authentisch. Leider wird manchmal solch ein Hype draus gemacht, möglichst gute Laune gepaart mit Wortwitz und Info zu verbreiten. Na klar, wer will schon schlechte Laune in seiner Timeline finden, davon hat man vielleicht selbst genug. Und wollen das die Kunden? Wohl kaum. Man sollte sich vielleicht vorstellen, die Inhalte für ein tatsächliches Gegenüber (Kunden) zu erstellen. Wenn man selbst gesiezt werden möchte, sollte man den Anderen auch so anreden. Dann muss man sich schon nicht mehr die Frage nach dem Du beziehungsweise Sie stellen (die Diskussionen darüber finde ich eh nervig, kommen alle Jahre wieder). Und manchmal hat man eben nichts zu sagen: Bevor sinnlos kommuniziert wird, wäre Schweigen das sprichwörtliche Gold (mir persönlich wäre es eh lieber, wenn die Informationsflut abnehmen würde – daher freue ich mich über feste Themen-Tage).
    Nicolas Lecloux habe ich dieses Jahr bei einem Vortrag kennengelernt. Seine „Rock“-Regel „Wenn es dich nicht rockt, rockt es niemanden“. fand ich sehr eingehend. 🙂 Mein Nachbericht dazu auf https://kommunikationssafari.wordpress.com/2017/05/15/netzwerken-deluxe-das-kundenevent-als-kommunikationsinstrument/
    Viele Grüße, Nathalie

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Nathalie,
      vielen Dank für dein Feedback und entschuldige meine späte Antwort. Ich sehe es wie du, wenn man was zu sagen hat, dann gerne aber auf Zwang Content erstellen, bringt nichts. Meiner Meinung nach verliert die Contentqualität, denn auf Druck produzieren war noch nie vorteilhaft. Und ganz ehrlich: Es schadet auch nicht, wenn es mal einen Tag keine Inhalte gibt. Nic kenne ich natürlich und habe ihn schon mehrfach erlebt. Seine Sicht auf die Dinge finde ich gut und klar formuliert. 🙂

      Viele Grüße Daniela

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