Warum du niemals Influencer wirst

„Wer will zum Influencer bei Instagram wachsen und mit bezahlter Werbung sein Geld verdienen?“ 

 Als ich diesen Aufruf sah und dann die Reaktionen darunter, war ich doch ziemlich verwundert. Gibt es 2018 immer noch Menschen, die auf solche Anfragen anspringen? Ja! Es gibt sie, wie mir die Antworten auf diese Anfrage in der Facebookgruppe zeigten.

Influencer Marketing: der heilige Werbegral

Die Arbeit mit Influencern ist nicht neu. Testimonials wurden schon früh eingesetzt. Wir erinnern uns an den Herrn Kaiser, Gottschalk für Haribos und Bastian Schweinsteiger für Chips. Heute sind es oftmals Jugendliche wie Daggi B. von Bibis Beautyplace, Ricardo Simonetti oder Caro Daur, um nur drei sehr erfolgreiche Personen in den sozialen Netzwerken zu nennen. Diese bekommen auch regelmäßig in den Medien Aufmerksamkeit. In Verbindungen mit Headlines wie „Trend-Beruf Influencer: Mit diesem Job lassen sich über 100.000 Euro verdienen – pro Posting“ haben viele Menschen den Wunsch, auch ein Teil vom Werbe- und Erfolgskuchen abzubekommen.

Kein Wunder also, dass Aufrufe – wie oben gezeigt – Erfolg haben.

Selbst dann, wenn es sich um kein seriöses Angebot handeln kann. Das wird deutlich, da die Fragestellerin auf konkrete Nachfragen nach mehr Informationen ausweichend geantwortet. So einfach ist das eben nicht.

Influencer werden ist nicht schwer, es zu sein hingegen sehr

Bereits 2017 hat André Krüger geschrieben: „Das Influencer Marketing ist kaputt.“ In diesem Zusammenhang geht es um zwei Dinge, die er in seinem Artikel anspricht. Zum einen um die Zunahme von Fake-Accounts, die in diesem Jahr auf rund 95 Millionen geschätzt werden. Jan Firsching geht auf futurebiz in seinem Artikel „Studie: 9,5 % aller Instagram Accounts sollen Bots sein“ ausführlich darauf ein. Solche Accounts helfen auf unseriöse Weise dabei, echten Accounts eine höhere Fanzahl zu bescheren.

„So manches Unternehmen würde sich vermutlich wundern, welch namhafter Influencer es mit Tricksereien ziemlich weit gebracht hat“, schreibt Krüger. Das heißt, dass Auftraggeber prüfen können, ob ein Account eine organisch gewachsene Community hat oder nicht. Sollte der Schwindel im Rahmen einer Kooperation herauskommen, kann sich das extrem nachteilig auf die Reputation beider Parteien auswirken.

Zum anderen schreibt Krüger, dass sich mit dem Aufkommen von Influencern der Markt verschärft habe. Honorare werden nicht mehr in dem Maße gezahlt, wie noch vor einigen Jahren. Sich gegen bereits bestehende Accounts und Namen durchzusetzen, wird immer schwerer. Dazu kommt, dass ein Überangebot an verfügbaren „Influencern“ auch den Preis sinken lässt. Unternehmen haben keinen Mangel an verfügbaren Personen mit einer großen Reichweite. Wobei ich diesen Punkt sehr kritisch sehe. In meinem Beitrag „Influencer Marketing: Reichweite ist nicht gleich Relevanz“ gehe ich näher darauf ein und begründe, warum dies nicht weit genug gedacht ist.

Ein weiterer Punkt ist, dass Unternehmen begriffen haben, wie wichtig die eigenen Markenbotschafter sind. Nicht ohne Grund bildet der Versandhändler OTTO eigene Corporate Botschafter aus, um sich als Arbeitgeber besser zu positionieren.

Langfristig führt dieser Schritt dazu, auf Influencer verzichten zu können. Natürlich setzen Unternehmen trotzdem weiterhin auf Influencer Marketing. Mercedes Benz beispielsweise arbeitet auf diese Weise und hat sich bewusst für Instagram und die dortige Reichweite entschieden.

Und an diesem Punkt kommen wir zum Kriterium der Professionalität. Betrachtet man beispielsweise den Instagram-Account von Caro Daur, dann zeigt sich, dass die Bilder optisch und inhaltlich on Point sind. Soll heißen: Sie stellen die Produkte und Daur perfekt in Szene. Dass die Influencerin das nicht allein macht, liegt auf der Hand, schließlich hat sie noch einen Job als Model und ist nicht hauptberuflich auf IG unterwegs. Im Gegenzug macht Daur ihre Instagram Stories selbst. Das ist Authentizität, die die Follower und sicherlich auch die Auftraggeber zu schätzen wissen.

Vor allem eins wird deutlich: Ohne Wissen um Bildbearbeitung, Schnitt, Komposition und ein Auge für Details wird es mit dem Job als Meinungsmacher schwierig. Und dann wäre da noch etwas: Influencer benötigen eine relevante Community, und die will erst einmal aufgebaut werden.

Auch das hat der Markt erkannt und bietet neben Weiterbildungen zum Influencer sogar Studiengänge an. Wie gut oder schlecht diese sind, kann und will ich nicht beurteilen. Bedenklich ist in meine Augen eher, was unter dem Begriff Influencer vermittelt wird. Und zwar, dass man ein Studium absolviert und dann quasi fertig ist für den Markt.

Man wird kein Influencer, sondern ist einer

Es ist doch so: Jeder von uns ist ein Meinungsmacher. Dabei möchte ich Mike Schnoor, Head of Communication vom Digital Hub Cologne zitieren, der auf dem Münstercamp Folgendes sagte: „Jeder ist ein Influencer.“ Damit hat er Recht. Die Mutter, die ein Topfset von einer bestimmten Marke empfiehlt – ich spreche aus Erfahrung – oder der Vater, dem nur Werkzeug von Marken-Herstellern in den Keller kommt (Klischee, ich weiß!). Beide haben Einfluss auf die Kaufentscheidungen in ihrem Umfeld. Oder werdende Eltern, die sich gegenseitig Windelmarken empfehlen. Die Liste könnte ich endlos weiterführen in Richtung Tierärzte, Orthopäden, Zahnärzte, Friseure, Laptops und so weiter.

Mir ist natürlich klar, dass es einen Unterschied zwischen Personen mit medialer Bekanntheit und der Person von nebenan gibt. Allerdings möchte ich betonen, dass sämtliche Angebote, jemanden zum Influencer zu machen, eher unglaubwürdig sind. Ein Influencer sollte Werte vertreten. Oder besser noch – ich zitiere erneut André Krüger – eine „Love Brand“ sein, die mit Unternehmen nachhaltig und hoffentlich langfristig zusammenarbeitet.

Fazit

Auf dem Markt der Influencer wird es immer schwerer, sich zu behaupten. Dies gilt für Blogger, Instagramer, Youtuber & Co. gleichermaßen. Unternehmen haben die freie Auswahl an Personen, die Sichtbarkeit, Reichweite und Interaktion versprechen. Gerade wenn es sich um Einflussmacher handelt, die bereits etabliert sind. Wer Influencer werden möchte, dem genügt kein Studium. Besser ist es, sich seine eigene Nische zu suchen und darin gut zu sein. Das bedeutet, die eigene Arbeit via Social Media und mit gutem Content zu begleiten. Es geht darum, seine eigene Stimme zu finden und gehört zu werden, um für die Zusammenarbeit mit Unternehmen interessant zu sein. Ich bleibe dabei: Jeder von uns ist ein Influencer!

 

Kommentare
(19)

  1. lenina

    der hype geht langsam hinten runter, dann wird sich von alleine zeigen wer eine solide community hat und wer geschummelt hat.

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Lenina,
      danke für deine Kommentar! Ich bin da nicht so sicher, ob der Hype nachlässt. Solange Personen, bei denen gar nicht klar ist wofür sie stehen oder aber eine Fäkalsprache an den Tag legen, dass einem Hören und Sehen vergeht und dafür auch noch gefeiert werden, immer noch Agenturen und Firmen finden, die mit ihnen zusammenarbeiten wollen wird der Markt weiter bedient. Besonders dann, wenn die Fan- und Followerzahl immer noch als DAS Qualitätskriterium gilt.

      Viele Grüße Daniela

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  2. Ronny Schneider

    Hallo Daniela,
    leider läuft das heute immernoch so. Die Menschen sehen nur das Geld. Aus diesem Grund wollen die meisten Influencer werden.
    Ich glaube der Weg dorthin ist gar nicht so schwer, wie ich in einem meiner Artikel beschrieben habe: https://www.blog-als-nebenjob.de/1122/influencer-werden-die-ersten-10-000-besucher/
    Ich sehe die Herausforderung eher darin, Influencer zu bleiben. Das bedeutet nämlich viel Arbeit. Regelmäßiges Veröffentlichen von neuen Inhalten, Optimierung, Marketing etc. Mit jede Woche ein Foto auf Instagram posten ist es ja nicht getan.
    Die Fans erwarten Kontinuität. Und dennoch ist der Weg schwer. Bis zu ein paar hundert Follower kommt wohl jeder mit der Zeit. 30.000 sind dann aber eine andere Hausnummer!

    LG
    Ronny

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Ronny,
      ich stimme dir nur teilweise zu. Ja, Influencer werden ist für viele cool und sie vermuten, dass sie damit Geld verdienen können. Ob das viel sein wird steht auf einem anderen Blatt. Ich sehe das Problem vielmehr darin a) gute Inhalte zu erstellen -optisch als auch inhaltlich und b) sich von der Masse abzusetzen. Dazu kommt noch die Frage: Für was will man denn wahrgenommen werden und damit Influencer sein. Also alles ein bisschen schwieriger als es vielleicht scheint.

      Viele Grüße Daniela

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  3. Pingback: Relaunch: Was kommt, bleibt und geht I bloggerabc

  4. Claudia

    Hallo Daniela,

    Ich bin per Zufall auf deinen Blog gestoßen. Erstmal großes Lob! Zu deinem Artikel. Ich kann diese ganze „Influencer“-Thematik nicht mehr hören. Mittlerweile ist „Influencer“ das Berufsziel Nummer 1 bei Heranwachsenden mit der Erwartungshaltung, auf der ganzen Welt herumzufliegen und die tollsten Produkte geschenkt zu bekommen und dem Konsumgott mit tollen Bildchen zu huldigen. Klar, wer würde das nicht wollen? Mittlerweile hat es in meinen Augen jedoch teilweise so groteske Züge angenommen, dass ich mir ernsthaft überlege jeglichem Social Media zu entsagen.

    LG, Claudia

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Claudia,
      vielen Dank für dein Lob, darüber freue ich mich sehr! Ich fände es sehr schade, wenn du die sozialen Netzwerke nicht mehr nutzen willst, weil es einige Menschen gibt, die eine fragwürdige Art haben damit ihr Geld zu verdienen. Jemand sagte mal: „Das Netz ist ein guter Ort, wenn wir es dazu machen.“ Ich finde er hatte und hat recht. Natürlich nimmt diese Art des Influencer Marketing teils groteske Züge an und es wird immer Firmen geben, die das fördern. Zum einen weil sie es nicht besser wissen und zum anderen, weil wieder irgendjemand irgendwelche Nachweise für den „Erfolg“ solcher Kampagnen haben will.
      Im Gegenzug gibt es aber auch tolle Aktionen, die unsere Aufmerksamkeit verdienen und bei denen ich auch froh bin das sie durch meinen Feed oder meine Timeline aufgeploppt sind. Letztendlich ist jeder von uns ein Influencer und wenn wir uns an die „richtigen“ und damit für uns relevanten halten, dann sind wir auf einem guten Weg – glaube ich.

      Viele Grüße Daniela

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  5. Rainer Dechet

    Hi Petra,

    danke für diesen Beitrag und deinem Statement! Ich denke das wir erst am Anfang stehen und dieses „Empfehlungsmarketing“ sich erst noch richtig einpendeln muss (und auch wird). Jetzt sind mal die Nano Influencer am Zug und bald wird sich sicher auch der geographische Aspekt (Restaurantempfehlungen, etc,) dazugesellen.

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Rainer,
      ich heiße zwar Daniela, freue mich aber dennoch sehr über deinen Kommentar. 😉 Meiner Meinung nach die das Empfehlungsmarketing, die absolute Kür und das i-Tüpfelchen im Marketing. Wer das erhält, der kann davon ausgehen, dass er einen guten Job macht, ein gutes Produkt bzw. eine gute Dienstleistung hat. Denn Empfehlungen bieten Vertrauen und darum geht es im Grunde.

      Viele Grüße
      Daniela

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  6. Lisa

    Sehr motivierend! Danke Daniela

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Lisa,
      sehr gern! Freut mich, dass dir der Artikel gefällt.

      Viele Grüße
      Daniela

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  7. Petra

    Danke für diesen Artikel, Daniela. Ich war diesen Freitag auf dem #OMT2018 Kongress und da habe ich viel erfahren und gelernt und auch was du schreibst das jeder einzelner ein influencer auf seinem Gebiet ist, man muss es nur richtig machen

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    1. Daniela Sprung

      Hallo Petra,
      ich danke dir für deine lieben Worte und ich freue mich das wir einer Meinung sind. Die OMT kenne ich und schätze die Veranstaltung sehr. Schön zu lesen, dass du für dich einiges mitnehmen konntest.

      Viele Grüße
      Daniela

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  8. Inez

    sehr interessanter Artikel, war nützlich zu lesen!

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  9. vielweib

    Ich möchte gar kein Influencer sein. Im Gegenteil: Das ist fast inzwischen aus meiner Sicht rufschädigend 😉
    Persönlich finde ich den Ansatz und Artikel der Destination Wolfsburg von Björn interessant (https://pro.regiondo.com/de/5-gute-gruende-fuer-bloggerrelations/) Hier geht es zwar um die „Nische“ Reiseblogger und es ist nicht allgemeingültig, aber geht es doch primär darum, um mit (Fremd)Content sich zu vermarkten – und das klappt da sehr gut, auch ohne das ganze Influencergedöne 😉

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    1. Daniela Sprung

      Hi,
      vielen Dank für deine Kommentar! Ich bin davon überzeugt, dass eine vertrauensvolle und transparente Zusammenarbeit zielführender ist als sämtliches Influencer Marketing. Wobei ich das nicht komplett negativ bewerten will.Ich glaube, gut gemacht und hier zitiere ich nochmal aus meinen Artikel eine „Love Brand“ zu kreieren, halte ich für den besten Weg. 🙂

      Viele Grüße
      Daniela

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