Welcher Inhalt darf es sein: Mit Mehrwert, Nutzwert oder Relevanz?!

 

Nanu?! Mehrwert, Nutzwert, Relevanz – Begriffe, die eigentlich für die hohe Qualität von Inhalten stehen, sorgen unter Experten derzeit für Diskussionen. Welcher Begriff trifft ins Schwarze? 


Vor Kurzem hatte ich einen, in meinen Augen, wirklich guten Text von einem Kunden in der Hand. Es musste nur noch ein gutes Plätzchen für den Inhalt gefunden werden. Üblicherweise tritt man in der Branche, in der ich gerade eifrig Erfahrungen sammle, mit diversen Leuten in Kontakt, die sich für diese Formate interessieren und wenn es gut läuft, auch veröffentlichen.

Bei einem Gespräch unterlief mir allerdings ein Fehltritt: Als ich den Begriff „Mehrwert“ in dem Mund nahm, gab mir mein Gegenüber zu verstehen, dass das heutzutage ziemlich viele Leute von ihren Texten behaupten würden. Ein Begriff, der eigentlich einen positiven Effekt auslösen sollte, war in dem Vokabular meines Gesprächspartners genau zum Gegenteil mutiert. Solch ein Text wäre für seine Zielgruppe nicht von Interesse. Bei meiner Frage nach dem Warum, bekam ich auch prompt die Antwort: Seine Leser wollten Inhalte mit „Aha!“-Effekt. Texte mit eingeschränkten Lösungsansätzen oder im vermeidlichem Marketingsprech formuliert, könnte er nicht gebrauchen. Darüberhinaus wäre die Nennung des Autors, eines Branchenexperten, bereits Werbung des jeweiligen Unternehmens im Auge seiner Leserschaft und damit ebenso uninteressant …


Die Geschichte macht (mich) nachdenklich: Die Wörter, wie „Mehrwert“, „Nutzwert“ und „Relevanz“ werden oft dazu genutzt, um die hohe Qualität von Inhalten zu beschreiben. Tatsache ist, dass die Bedeutung von zwei der drei Begriffe langsam ins Negative abdriftet. Durchforstet man diverse soziale Netzwerke, stößt man auf eine Reihe interessanter Artikel und Diskussionen zu diesem Thema.

Der „Mehrwert“

Laut einer Definition aus der Betriebswirtschaft geht es beim „Mehrwert“ darum,

„dem Kunden greifbare und messbare Mehrwerte zu bieten, die ihm auf irgendeine Art und Weise konkret dienlich sind. Diese Strategie hilft Unternehmen, sich über diese Mehrwerte anstatt nur über den Preis im Markt zu positionieren“.

Damit hätten Inhalte also zwei Gesichter: Einerseits sollen diese für den Kunden einen Zweck erfüllen. Andererseits einem Unternehmen bei der eigenen Positionierung im Markt helfen.

Schon hier beschleicht einem das Gefühl, dass sowohl die Zielgruppe als auch der Inhalt selbst nicht wirklich im Mittelpunkt stehen, sondern vielmehr das Unternehmen und dessen Ziele.

Auch Karl Kratz, Online Marketing Experte, setzte sich in einem Beitrag („Erstellen Sie relevanten Content, der dem User einen Mehrwert bietet“) mit dem Begriff auseinander. Er beschreibt, wie die Marketingbranche massenhaft Texte mit Mehrwert produziert und sich dabei viel mehr auf die Ansprüche des Suchmaschinen-Algorhythmus konzentriert als auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe.

Dabei sollte man gar nicht erst über „Content“ sprechen, sondern sich über die eigentliche Funktion und dem Wert des Inhalts, den man erschaffen hat, im Klaren sein. Dieser gehört gepflegt und immer regelmäßig erweitert, denn damit möchte man schließlich Kontakte zu Menschen (einer Person aus Fleisch und Blut. Nicht dem „User“ auf einem Stück Papier) knüpfen.

Inhalte müssen zunächst der Zielgruppe, die man anzusprechen versucht, dienlich sein und dementsprechend aufbereitet werden. Der wirtschaftliche Zweck sollte an zweiter Stelle stehen.

Was brauchen unsere Kunden und Leser? Denke für uns vor. Liefere uns keine Bauanleitung. Liefere uns Impulse. Schreibe nicht über Daten, Informationen oder Wissen, schreibe uns über Deine Erfahrungen. Gib uns einen Einblick, an dem wir uns und unsere Leser und Kunden weiterentwickeln können!“ – Karl Kratz

Die „Relevanz“

In der Kommunikationswissenschaft beschreibt „Relevanz“ laut Georg Ruhrmann (Ereignis, Nachricht und Rezipient, in Die Wirklichkeit der Medien, Opladen, 1994, S.245):

Die Aufmerksamkeit für eine Nachricht wird von der Neuigkeit, der formalen Auffälligkeit (Präsentation) und von der Relevanz der Inhalte für den Rezipienten beeinflusst. Rezipienten orientieren sich überwiegnd an der Relevanz, die sie den Nachrichten zumessen. Bei der Einschätzung von Relevanz wird Alltagswissen über die behandelten Themen sowie die Einschätzung des jeweiligen Mediums, des Kommunikationsmittels, und seiner Arbeitsweise verwendet.“

Die Zielgruppe entscheidet in der Regel, ob der Inhalt für sie selbst und ihr Leben relevant ist. So lange eine Neuigkeit für den betroffenen Menschen von Wichtigkeit ist, besteht meist ein Vertrauensvorschuss für den Verfasser. Auch die Nachfrage nach weiteren Inhalten dieser bestimmten Quelle steigt an.

Damit scheint der Begriff zunächst nur positive Aspekte von Inhalten zu beschreiben. Aber wie hoch ist die heutige Aufmerksamkeitsspanne für Inhalte aus einer einzigen Quelle? Scheinbar immer kürzer.

Das Material muss den Medien, auf denen es verbreitet wird, visuell und textuell angepasst werden, da heutzutage der erste Eindruck immer entscheidender wird. So ist in einer halben Sekunde bereits eine erste Meinung getroffen und in 2,6 Sekunden wird dann entschieden, ob eine Meldung relevant ist oder nicht.

„Relevanz bedeutet immer 1/n. Je mehr Durchschnittliches produziert wird, umso irrelevanter wird das Einzelne.“ – Karl Kratz

Doch nicht nur aus der Sicht der Zielgruppe verliert „Relevanz“ damit an Gewicht. Für Ben Harmanus, Content & Community Manager bei Unbounce, steht der Kunden und seine Informationsbedürfnisse im Mittelpunkt des Marketings. Allerdings stellte er fest, dass erfahrene Marketer eher auf der Wichtigkeit des Unternehmens, der USP und der Marke als Inhalt für die Marketing-Strategie beharrten. Der Augenmerk der Firmen liegt also vielmehr auf der eigenen Relevanz. Die Erwartungen der Zielgruppe scheinen somit außer Acht gelassen. Denn, warum sollte der Kunde etwas zur Kenntnis nehmen, was für ihn nicht relevant ist.

Wir dürfen nicht vom Klick her denken, sondern das Kundenerlebnis als Ganzes betrachten. Content ist in der Tat kein Selbstzweck.“ – Ben Harmanus

Der „Nutzwert“

Der letzte Begriff findet häufige Verwendung im Verkauf:

Als Nutzwert werden im Verkauf die emotionalen oder sachlichen Funktionen eines Angebotes bezeichnet. Diese teilen sich in Grund- und Zusatznutzen auf, wobei das so genannte Alleinstellungsmerkmal eines Angebotes (einer Ware oder Dienstleistung) innerhalb des Marketings im Sinne des […] einzigartigen Kundennutzes betrachtet wird.“

Die Definition stellt alleine den Kunden bzw. die Zielgruppe in den Mittelpunkt, da Angebot, Ware oder Dienstleistung an deren Erwartungen angepasst sind. Anstatt sich also auf die eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren, sollte man sich auf die Interessen der Zielgruppe konzentrieren:

Es klingt vielleicht kontraintuitiv, doch Blogger und Unternehmen tun gut daran, sich bei der Themensuche in die Rolle des (Wunsch) Lesers hineinzuversetzen und Themen aus seiner Perspektive zu wählen.“ – Christian Müller

Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass man sich mit seinen Kunden, seiner Zielgruppe oder Leserschaft aktiv auseinandergesetzt hat. Sobald man dieses Grundverständnis besitzt, fällt auch die Wahl der richtigen Inhalte leicht. Denn eines kann man sicher sein: Der richtige Nutzwert wurde bereits gefunden. [Falls du Schwierigkeiten bei der Themenfindung haben solltest, in seinem Beitrag „Content mit Nutzwert: Der Leser entscheidet“ hat Christian einen guten Tipp parat ]

Fazit

Bei guten Inhalten sollte man sich also mehr auf den „Nutzwert“ konzentrieren als auf „Mehrwert“ oder „Relevanz“.

Natürlich kann man auch diese ganze Debatte außer Acht lassen und die Begriffe überhaupt nicht verwenden. Wenn man es aber tut, sollte man sich den eigentlichen Bedeutungen bewusst sein und diese (meiner Meinung nach) mit Bedacht nutzen.

Wenn Du wissen möchtest, was Inhalte mit hohem „Nutzwert“ ausmacht und wie Du diesen erstellen kannst, kann ich Dir folgende Links empfehlen:

Oft fallen die Worte „Mehrwert“, „Nutzwert“ und „Relevanz“ mit dem Begriff „Content Marketing“. Falls Du wissen möchtest, was diese Art von Marketing ausmacht und wie die oben genannten Begriff damit verknüpft sind, dann kann ich Dir diese Beiträge ans Herz legen:


 

Stephanie Kowalski ist Co-autorin auf bloggerabcStephanie A. Kowalski ist eine Content Marketing Managerin und Kaffeeliebhaberin. Auf Twitter zwitschert sie gerne und viel über Social Media und Content Marketing.

Kommentare
(16)

  1. Pingback: 4 Anzeichen, dass Du in Content Marketing investieren solltest! | El Instante

  2. Pingback: 4 Gründe, warum kritikfähiger Content ein MUSS ist! | El Instante

  3. Pingback: Wissens-Schatz Social Media: 05.06.2015 - B2N Social Media

  4. Alexa

    Hallo Stephanie,

    ich finde deinen Artikel sehr interessant und stimme dir zu, dass diese drei Schlagwörter oft ohne wirkliche Kenntnis darüber verwendet werden.

    Was ich daran besonders interessant finde: Die Relevanz.
    Ich habe mich in meinem Blog ebenfalls mit diesem Thema beschäftigt und treffe die Aussage: Relevanter Content ist nicht gleich guter Content! (http://www.el-instante.de/?s=woran+erkenne+ich+guten+content)
    Und diesen Aspekt vergessen viele meiner Meinung nach.

    Natürlich kann ich guten Content erstellen, jedoch heißt es ja nicht direkt, dass er auch für meine Zielgruppe relevant ist.
    Und genauso andersherum: Ich kann relevanten Content erstellen, der aber letztendlich z.B. keine nutzenstiftende Lösung beinhaltet – also schlichtweg nicht „gut“ ist oder gut genug. http://www.el-instante.de/?s=woran+erkenne+ich+guten+content –> Woran erkenne ich also guten Content?)

    Alles in allem, ein sehr spannendes Thema!

    Vielen Dank für deinen Beitrag.

    Liebe Grüße,
    Alexa

    antworten
    1. Daniela

      Hallo Alexa,
      ich glaube ich habe dir noch gar nicht geantwortet. Ich stimme dir uneingeschränkt zu, denn ein gut geschriebener Text vermittelt nicht unbedingt interessante Inahlte und umgekehrt. Halten wir also die Fahne hoch und versuchen beides zu schaffen: Interessante und nützliche Inhalte in gute Texte zu packen. : )

      Viele Grüße
      Daniela

      antworten
    2. Stephanie

      Hallo Alexa,

      danke für deinen Kommentar. Entschuldige bitte, dass ich diesen übersehen habe: Ich war leider und auch egoistischer Weise im Urlaubsfieber. 🙁

      Es freut mich zu hören, dass du dir auch Gedanken zu dem Thema gemacht hast. Und ich stimme dir zu: relevanter Content muss nicht guter Content sein. 😀

      Ich glaube, dass diese Begriffswelt ein wahrer Teufelskreis ist. Schließlich kann es so sein und dann doch wieder anders herum. Verwirrend, nicht?

      Der Inhalt kann relevant für das Unternehmen sein oder relevant für die Zielgruppe usw. . Die Kunst ist es im Content Marketing all diese Aspekte unter einem Hut zu bringen …

      Aber lass es uns erst einmal so probieren, wie es bereits Daniela gesagt hat: „Interessante und nützliche Inhalte in gute Texte zu packen.“

      Dann schauen wir weiter …

      Viele Grüße aus Oslo, Stephanie

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  5. Die Autoren von "Lean Content Marketing"

    Das „gute“ Gefühl beim Konsumieren von Inhalten resultiert vermutlich aus der richtigen Mischung aus Mehrwert, Nutzwert oder Relevanz. Daher ist es sicher ratsam alle 3 auf die Checkliste für „guten“ Content zu nehmen.

    antworten
    1. Stephanie

      Oft ist aber diese Mischung aus Mehrwert, Nutzwert und Relevanz, die die größte Herausforderung darstellt. 🙂

      Einen Tipp, wie man all diese Aspekte unter einen Hut bekommt?

      antworten
  6. Andreas Rieser

    Danke für den Beitrag.

    Geht es bei Mehrwert nicht auch um Nutzen? Wobei dieser Begriff fast universeller klingt, da er für Kunde und Unternehmen gelten kann. Während der Nutzwert allein, fast immer den Kunden bedient. Und ein Nutzwert zudem meist persönlich orientiert ist.

    Welchen Nutzen hat der Kunde oder ich?
    Welchen Wert bietet es dem Unternehmen?

    Ein Nutzen kann zudem gleich gemessen werden, während der Mehrwert oft erst im Nachhinein erkannt wird. Geraten wir so nicht in Gefahr nur nützlich sein zu müssen und damit die Fähigkeit vernachlässigen, Mehrwerte zu finden?

    antworten
    1. Stephanie

      Guten Tag Herr Rieser,

      so habe ich den „Mehrwert“ noch nicht gesehen. Danke für Ihre Perspektive. Da sieht man, dass es oft subjektive Erfahrungen sind, die auch zur Begriffsdefinition beitragen.

      Beim „Mehrwert“ geht es sicherlich um den Nutzen. Aber für wen? Meiner Erfahrung nach, wurde der „Mehrwert“ immer nur für das Unternehmen benannt. Für das Unternehmen schön und gut, aber es geht schlussendlich ja auch um Kundengewinnung. Wäre es dann nicht auch wichtig, den Kunden zufrieden zu stellen und ihm den „Nutzwert“ zu erbringen, den er verlangt?

      Ich finde schon, dass man den „Mehrwert“ auch zu Beginn bereits erahnen kann. Gleichermaßen sollte man sich dem „Nutzwert“ und „Mehrwert“ einer Sache bewusst sein.

      Viele Grüße, Stephanie Kowalski

      antworten
  7. Ivana

    Liebe Daniela,

    danke für deinen tollen Beitrag! Eine interessante Erfahrung, die du da gemacht hast. Ich habe das noch nicht so erlebt, aber wenn ich sehe, wie häufig und inflationär der Begriff des Mehrwerts immer wieder verwendet wird, kann ich die Reaktion deines Kunden gut nachvollziehen…Ich hoffe, er hat deinen Text dennoch genommen! 🙂

    Liebe Grüße
    Ivana

    antworten
    1. Daniela

      Hallo Ivana,
      dein Kompliment und Lob geht an Stephanie, sie hat diesen phantastischen Beitrag geschrieben!Vielleicht erzählt sie mal das Ende vom Lied, das würde mich auch interessieren 🙂

      Liebe Grüße
      Daniela

      antworten
    2. Stephanie

      Hallo Ivana,

      danke. Freut mich, dass der Beitrag gefällt.
      Ja, es kommt immer sehr stark darauf an wo und in welchem Bereich man arbeitet. 😉

      Mir kam es in letzter Zeit so vor, als ob der Begriff „Mehrwert“ zu oft gefallen wäre.
      Nicht nur in unserem Social Media-, Content Marketing- & Kommunikations-Mikrokosmos, sondern auch überraschender Weise im aktuellen Job. Das ist natürlich nur subjektiv. Es ist gut, dass das alles definiert und diskutiert wurde, aber vielleicht sollte man sich jetzt an die Planung bzw. Entwicklung von Strategien etc. machen. Schließlich wirkt nichts besser als ein gutes Beispiel.

      Und das Ende von der Geschichte? Das ist noch abzuwarten. Alles hängt noch ein wenig in der Schwebe und es wird seitens des Verlegers noch überlegt, ob er den „Mehrwert“-Artikel nimmt oder nicht. 😉 Abwarten.

      antworten
  8. Janine

    Hey,
    ich finde du hast da einige Interessante Dinge genannt und war sehr spannend zu lesen.

    antworten
    1. Daniela

      Hi Janine,
      danke für dein Feedback.
      Viele Grüße Daniela

      antworten
    2. Stephanie

      Hallo Janine,

      danke für das Kompliment.
      Freut mich, dass du den Beitrag spannend findest.
      Welche Aspekte findest du denn am interessantesten?

      Viele Grüße, Stephanie

      antworten

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