Jens Albers im Interview: Social Media in der Kirche – die frohe Botschaft trifft das Netz

Social Media in der Kirche. Geht das? Ja und wie! Das Bistum Essen ist dafür das beste Beispiel!

Nur wenige können sich vorstellen, dass eine solche Institution mit ihren Gläubigen via WhatsApp kommuniziert und eine Stewardess das in die Christmette einbindet. Aber genau so ist es. Ich habe mit Jens Albers, dem Verantwortlichen für Social Media beim Bistum Essen, gesprochen und gefragt, wie eine so konservative Organisation ihre Arbeit im Social Web erledigt.

bloggerabc: Kirche und Social Media, das hört sich im ersten Augenblick an wie ein Widerspruch. Konservativ trifft Neuzeit aka Digitalisierung. Ihr nutzt WhatsApp als Kommunikationsweg, ein Medium, dem sich viele mittelständische Unternehmen verweigern und bei dem so manchem Datenschützer der kalte Schweiß ausbricht. Warum habt ihr euch für den Weg entschieden, welches Ziel verfolgt ihr damit und wie wurde es von den Gläubigen aufgenommen?

Jens: Seit einiger Zeit haben mobile Nutzer unserer Website die Möglichkeit, uns direkt eine Nachricht per WhatsApp zu schicken. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, da wir davon überzeugt sind, dass die Kommunikation via WhatsApp immer noch eine der niedrigschwelligsten Kommunikationsmittel ist, das es aktuell gibt. Menschen nutzen diesen Kanal für ihre alltägliche und persönliche Kommunikation, und genau hier wollen wir für Menschen auch ansprechbar sein.

Es ist richtig und wichtig, dass man Dienste wie WhatsApp auch in Bezug auf den Datenschutz kritisch begleitet. Allerdings darf man hierbei nicht ausblenden, dass ein großer Teil der Gesellschaft diesen Kanal nutzt und es auch weiterhin tun wird, wenn wir als Kirche dort nicht sein sollten. Daher sollte es immer unser Ziel sein, den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Datenschutz und Erreichbarkeit zu finden.

bloggerabc: Wie nutzt ihr WhatsApp konkret und stellt den Austausch sicher?

Jens: Ganz klassisch via Smartphone. Darauf ist ein WhatsApp-Business-Account eingerichtet. Wichtig ist, dass auf dem Smartphone keine Kontaktdaten gespeichert sind und WhatsApp somit auch keinen Zugriff auf diese Daten hat. Darüber hinaus löschen wir im wöchentlichen Turnus den kompletten Chatverlauf und machen auch keine Backups der Chats.

Wir antworten nur auf Nachrichten, die uns erreichen und schreiben niemanden aktiv an. Kurzum: Wir arbeiten so datenschutzsicher, wie es mit WhatsApp aktuell geht. Anfragen, die an uns über WhatsApp geschickt werden, beantworten wir in der Regel innerhalb von 24 Stunden. Außerhalb unserer Bürozeiten haben wir automatisierte Antworten eingerichtet. Somit ist eine zeitnahe Reaktion auf eine Nachricht relativ sichergestellt.

bloggerabc: Letztes Jahr habt ihr zu Weihnachten ein sehr witziges Video gedreht, in Anlehnung an die Security-Einweisung im Flugzeug. Eure Protagonistin: eine Stewardess. Der Film ging bei Facebook viral. Wie war die Reaktion der Gemeinde darauf und was war der Hintergrund dafür. Wie lange habt ihr an der Entwicklung und Umsetzung gearbeitet?

Jens: Die Idee dazu hatten wir schon lange. Als wir in die Kommunikationsplanung rund um das Weihnachtsfest einstiegen, kam uns die Idee, mit diesem Video auf die über 1.000 Weihnachtsgottesdienste in unserem Bistum hinzuweisen. Und das mit Erfolg. Uns haben sehr viele positive Rückmeldungen zu dem Film erreicht. Zuletzt hat uns noch eine 85-jährige Ordensfrau per Mail geschrieben, dass sie sich das Video immer wieder anschaue und herzhaft lachen müsse.

Natürlich waren auch einige kritische Stimmen dabei. Aber ein Video, das mit derart viel Selbstironie arbeitet, spricht eben nicht jeden an. Der Dreh des Clips hat gut einen Tag gedauert. Die Postproduktion noch einmal zwei bis drei Tage. Wir hatten das große Glück, eine Schauspielerin gewinnen zu können, die sich perfekt auf die Rolle eingestellt hatte und noch sehr viel gute Ideen in den Dreh einbrachte.

bloggerabc: Wie bist du zu deiner jetzigen Stelle gekommen und wie siehst du die Entwicklung von Social Media für die Kirche?

Jens: Ich habe eine Ausbildung zum Mediengestalter gemacht und daran ein Studium der Kommunikationswissenschaft angeschlossen. Mich hat es irgendwie gereizt, PR für eine Sache zu machen, die mehr ist als ein neues Produkt. In den letzten Jahren habe ich natürlich auch gemerkt, wie herausfordernd es ist, für die katholische Kirche zu arbeiten – mit allen positiven wie negativen Seiten der Öffentlichkeitsarbeit.

Aber gerade das finde ich spannend, immer wieder aufs Neue überraschend aufzufallen und so vielleicht für einige Menschen auch wieder einen ersten Kontakt zu Kirche zu ermöglichen. Hierin sehe ich auch die große Chance dieser Netzwerke für die Kirche. Wenn wir uns endlich mehr trauen zu zeigen, dass wir die mit der frohen Botschaft sind und diese Botschaft auch einfach Spaß machen kann, dann sind wir in Social Media doch perfekt aufgehoben.

Fazit

Konservativ muss nicht heißen, gar nicht im Netz aktiv zu sein oder 08/15-Arbeit zu verrichten. Mit der richtigen Einstellung, dem Willen etwas zu verändern, Spaß an der Sache und ohne Angst lässt sich auch bei einer jahrtausendalte Institution viel erreichen. Wichtig ist zuzuhören und den Dialog anzubieten. Natürlich wird nicht alles jedem gefallen. Muss es auch gar nicht, denn am Ende zählt die Botschaft. Das Bistum Essen zeigt, wie es funktionieren kann und der Erfolg gibt dem Team recht!

Kommentare
(3)

    1. Daniela Sprung

      Hi,
      sehe ich auch so, weil das auch niemand erwartet und sie machen es mit einem Schmunzler.

      Viele Grüße

      antworten
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